

Christoph Bernarding
Lieblings-Streamer: Critical Role
Lieblings-Spiel: World of Warcraft
Fun-Fact: Lief vor ein paar Jahren den kompletten Jakobsweg
Streaming-Pionier Reckful verstarb im Alter von 31 Jahren
Veröffentlicht am 3. Juli 2020 von Christoph Bernarding
Der Schock breitet sich in der Community aus, als die Nachricht über Twitter die Runde macht. Am frühen Morgen amerikanischer Zeit verstarb Byron Bernstein, besser bekannt unter seinem Alias Reckful. Zum jetzigen Zeitpunkt wird von Selbstmord ausgegangen.
Andy Milonakis, ein guter Freund und selbst Streamer, verbreitete die traurige Nachricht am gestrigen Tag und NymN, ebenfalls ein enger Freund Reckfuls, bestätigte dies über Twitter. Er habe mit dem Mitbewohner von Reckful in Kontakt gestanden und über den Vorfall direkt von einer Ex-Freundin gehört, die sich kurz darauf selbst zu Wort meldete.
Psychische Probleme als Ursache?
Wenn auch Du momentan eine schwierige Zeit durchmachst, versuch Deine letzte Kraft aufzuwenden und such Dir Hilfe. Nehm Kontakt zu einer Vertrauensperson auf, such Dir einen Psychiater oder Psychotherapeuten (Dein Hausarzt hilft Dir hier weiter) oder ruf in besonders schlimmen Phasen das Krisentelefon der Seelsorge an, das Du unter 0800-1110111 kostenlos und anonym erreichst. Mehr dazu findest Du auf dieser Seite. Denk immer daran, es gibt Menschen da draußen, die Dich lieben.
Reckful war sehr offen, was diese Probleme anging. Er litt unter einer bipolaren Störung und machte aus seinem Kampf mit schweren Depressionen kein Geheimnis, was vielen seiner Fans Kraft gab. In einem Stream mit dem Psychiater Dr. K erklärt Reckful sogar, wie verzweifelt er versuche, andere vor einem ähnlichen Schicksal zu bewahren:
Was ihm in jedem Fall gelang. Zahllose Nachrichten wurden in den vergangenen Stunden über Reddit, Discord oder mit Freunden geteilt, die eindrucksvoll unter Beweis stellten, wie inspirierend die Offenheit von Reckful nicht nur für seine Streaming-Kollegen, sondern für die ganze Community war. Geht es dir ähnlich, kannst du deine Geschichte gerne teilen, etwa auch direkt an seinen Bruder schicken, der in seiner Trauer gerne mehr positives hören möchte. Den Tweet findest du hier.
Die letzten Worte von Reckful
Sehr bedrückend wirken die finalen Momente des letzten Streams von Reckful, in denen er sich niedergeschlagen und gleichzeitig hoffnungsvoll zeigt. „Wenn man einsam wird“, sagt er, „sollte man aufeinander zugehen, vielleicht ein paar Spiele zusammen zocken, ein paar neue Leute treffen.“ Es ist hart, diese Szenen jetzt noch einmal anzuschauen.
Vergangene Verhaltensweisen legen nahe, dass Reckful gestern eine manische Episode erlitt, die sich über Twitter sichtbar für die ganze Welt in diesem Tweet äußerte, als er eine gute Freundin aus dem Nichts fragte, ob sie ihn heiraten wolle.
Die Reaktion der Community – oder zumindest einer lauten Minderheit – auf diesen Hilferuf war grotesk und abstoßend. Man machte sich über ihn lustig, machte sein Verhalten lächerlich, bis Reckful sich genötigt sah, zwei weitere Tweets zu versenden. Ihm tue es leid, für jeden der mit seinem Wahnsinn umgehen müsse.
Becca, die Streamerin, der der Antrag halt, bekam von alledem zunächst überhaupt nichts mit – es war, wie gesagt, noch früh am Morgen. Sie befindet sich jetzt in Schock und konnte bloß ein kurzes, mitfühlendes Statement teilen.
Auf dem Twitch-Account von Reckful liefen im Anschluss stundenlang alte VODs. Über 40.000 Fans versammelten sich im Chat und nahmen Abschied von ihrem Idol.
Quelle: Twitch-Stream von Reckful
Die Reaktionen anderer Streamer
Ein Großteil der Streamer, die sich zum Zeitpunkt der Nachricht zufällig online befanden, zeigte sich zutiefst berührt. Reckful war ein Urgestein der Szene, hat jede Menge (heutzutage triviale, damals bahnbrechende) Dinge wie etwa das Spenden mit einer Nachricht auf Twitch geprägt, wurde für viele World of Warcraft Spieler zur Ikone, als er als Erster in Arena ein Rating von 3.000 erreichte.
Der derzeit mit Abstand populärste WoW-Streamer Asmongold wurde von der Nachricht aus der Bahn geworfen, entschied sich aber dazu, in diesem Moment weiter zu streamen. Über 100.000 Zuschauer fanden sich in seinem Chat ein, tauschten sich über Reckful und über psychische Probleme aus, sodass Asmongold entschied, den Hauptteil seiner heutigen Einnahmen an eine wohltätige Organisation zur Selbstmord-Prävention zu spenden.
Außerdem kritisierte Asmongold Elemente der Streaming-Kultur stark und warf einem Teil der Community vor, dass sie „wie Kannibalen“ über die sozialen Medien herfallen, sich gierig auf solche traurigen Ereignisse stürzen und damit weiteres Unheil verursachen:
Der Streamer Mizkif schätzt die Situation allerdings anders ein. Sehr überlegt sprach er vor seinem Publikum wichtige Aspekte an und kam zu dem Schluss, dass die Reaktionen auf die letzten Tweets von Reckful nur wenig Einfluss auf die darauf folgende Tat hatten, falls es sich denn um einen Selbstmord handelte.
Auch die Streamerin Alinity, die aufgrund mehrerer Kontroversen in Bezug auf ihre Haustiere im Rampenlicht stand, zeigte sich so offen wie selten zuvor. In ihrer Show berichtete sich von den konstanten Anfeindungen, die sie seit Jahren auf Twitch ertragen musste und der Verzweiflung, die sie dabei empfindet. Sie selbst habe in der Vergangenheit mehrmals an Selbstmord gedacht.
Dieser Ausschnitt erinnert stark an einen ähnlichen Moment von Reckful, als dieser konkret auf einen bösartigen Kommentar in seinem Chat einging:
Aber vielleicht verabschieden wir uns besser mit einem hoffnungsvollen Blick in Richtung Zukunft, mit einem Video, dass NymN über Twitter teilte. Es zeigt Reckful zu Beginn von 2020 und wie sehr er sich darauf freue, seine Freunde wiederzusehen, mit denen er so viel Spaß hatte.
Quelle: YouTube-Channel von Forsen
Wie hast Du von Reckfuls Tod erfahren? Hat Dich die Nachricht in ähnlicher Weise mitgenommen? Melde Dich nur, oder schreib eine kurze Botschaft in die Kommentare.
Titelbild Quelle: Twitter-Account von Reckful